Veranstaltung: | 45. Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 11. Vielfaltsstatut / Diversitätsrat / Antrag zur Änderung der Satzung |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 18.10.2021) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 23.10.2021, 07:59 |
S1: Statut für eine vielfältige Partei
Antragstext
Der Landesparteitag möge folgende Satzungsänderung beschließen:
Statut für eine vielfältige Partei
Präambel
Die Vielfalt unserer Partei ist unsere Stärke. Wir teilen politische Macht und
verstehen uns als Bündnispartei, die auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen
offen ist für unterschiedliche Erfahrungen, Vorstellungen und Ansätze. Wir sind
auf vielfältiges biographisches Erfahrungswissen und vielfältige Perspektiven
aus der ganzen Breite der Gesellschaft angewiesen, um als Partei umfassende
Antworten auf Fragen zu finden, die uns als gesamte Gesellschaft betreffen.
Wir machen es uns deshalb zur Aufgabe, unsere Strukturen so zu gestalten, dass
sie in Bezug auf das Geschlecht, eine rassistische, antisemitische oder
romafeindliche Zuschreibung,
die Religion und Weltanschauung, eine Behinderung oder Erkrankung, das
Lebensalter, die Sprache, die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche
Identität, den sozialen, finanziellen oder Bildungsstatus oder die Herkunft
inklusiv und nichtdiskriminierend wirken.
Unsere Parteistrukturen müssen verständlich, zugänglich und durchlässig sein.
Wir machen unsichtbare und ausschließende Strukturen sichtbar und stärken in
unserer Partei Räume, in denen Menschen mit Diskriminierungserfahrungen sich in
geschütztem Rahmen austauschen, vernetzen und gegenseitig stärken können.
Die Repräsentation von gesellschaftlich diskriminierten oder benachteiligten
Gruppen sollte mindestens ihrem gesellschaftlichen Anteil auf der jeweiligen
Ebene entsprechen. Auch in Sachsen-Anhalt wollen wir die Vielfältigkeit der
Menschen sichtbar abbilden. Alle Untergliederungen und Teilorganisationen sowie
Gremien und Versammlungen sind dazu angehalten, diese Ziele zu achten und zu
stärken. Unser Ziel ist Zusammenhalt in Vielfalt.
§1 Repräsentation
- Wir wollen, dass sich vielfältige Perspektiven in unserer Partei abbilden.
Die Repräsentation von gesellschaftlich diskriminierten oder
benachteiligten Gruppen mindestens gemäß ihrem gesellschaftlichen Anteil
auf der jeweiligen Ebene ist unser Ziel.
- Der Landesvorstand wird, basierend auf der wissenschaftlichen Untersuchung
der Bundespartei, regelmäßig die Zusammensetzung der und
Diskriminierungserfahrungen in der Partei evaluieren und Maßnahmen zur
Förderung der innerparteilichen Vielfalt implementieren. Ein Bericht dazu
wird alle zwei Jahre auf dem Landesparteitag vorgestellt und diskutiert.
- Alle Untergliederungen und Teilorganisationen sowie Gremien und
Versammlungen sind dazu angehalten, diese Ziele zu achten und zu stärken.
§ 2 Versammlungen
- Präsidien sollen möglichst vielfältig besetzt werden. Menschen, die
diskriminierten Gruppen angehören, werden bei der Besetzung vorrangig
berücksichtigt.
- Bei Veranstaltungen, die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN organisiert werden,
wird darauf geachtet, dass die Referent*innen die gesellschaftliche
Vielfalt widerspiegeln.
- Alle Veranstaltungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind grundsätzlich
barrierefrei zu gestalten. Dies umfasst neben dem physischen Zugang u.a.
auch zeitliche, finanzielle und soziale Faktoren. Die Landespartei stellt
sicher, dass alle Parteiveranstaltungen für Menschen, die diskriminierten
Gruppen angehören, eine sichere Umgebung darstellen. Näheres regelt der
Leitfaden für Inklusion bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
§ 3 Einstellung von Arbeitnehmer*innen
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt verpflichtet sich als Arbeitgeber*in
dem Vielfaltsstatut und der Stärkung von Menschen, die diskriminierten
Gruppen angehören. Bei bezahlten Stellen soll sich auf allen
Qualifikationsebenen die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln.
- Dazu sind Stellenausschreibungen so zu gestalten, dass sie den Zielen des
Vielfaltsstatuts entsprechen und Menschen, die diskriminierten Gruppen
angehören, besonders ansprechen.
- In Bereichen, in denen Menschen, die diskriminierten Gruppen angehören,
unterrepräsentiert sind, werden diese bei Einstellungen bei gleicher
Kompetenz bevorzugt.
- Bei der Zusammenarbeit mit Partner*innen und Dienstleister*innen wird
darauf geachtet, dass diese diskriminierungsfrei arbeiten. Eine
Zusammenarbeit mit Personen oder Organisationen, die den Zielen einer
vielfältigen Gesellschaft widersprechen, findet nicht statt.
§ 4 Empowerment und Weiterbildung
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt schafft Angebote zum Empowerment
(Stärkung) von diskriminierten oder in der Partei unterrepräsentierten
Gruppen.
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt schafft Angebote für die
diversitätspolitische und diskriminierungskritische Aus-und Weiterbildung.
Alle Amtsträger*innen und Mitarbeiter*innen der Partei sollen einmal in 2
Jahren an einer solchen Maßnahme teilnehmen.
- Der Landesverband stellt in Zusammenarbeit mit der Bundespartei für die in
Absatz 1 und 2 genannten Aufgaben Mittel zur Verfügung.
§ 5 Delegation zum Diversitätsrat
- Der Landesverband entsendet ein Mitglied des Landesvorstandes und ein
Basismitglied in den Diversitätsrat des Bundesverbandes.
- Für die Delegation des Landesvorstandes hat der Landesvorstand ein
Vorschlagsrecht, eine Bewerbung für die Basisdelegation steht jedem
Mitglied von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt offen. Für jede
Delegation sind Ersatzdelegierte zu wählen. Bei der Delegation ist die
Repräsentanz der Vielfalt der Gesellschaft zu beachten.
- Die Delegation wird alle 2 Jahre, beginnend mit der Basisdelegation, auf
einem Landesparteitag gewählt.
- Die Delegierten berichten regelmäßig dem Landesvorstand und der
Landespartei über die Arbeit des Diversitätsrates.
§ 6 Landesfachgruppen
- Zu den für Vielfalt zuständigen Gremien gehören neben dem Landesvorstand
die LFG Soziales, die LFG QueerGrün, die LFG Frauen, die LFG Demokratie
und Recht sowie die LFG Bildung.
- Vielfalt ist gleichzeitig ein Querschnittsthema für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
das von allen Landesfachgruppen bearbeitet werden soll.
§ 7 Projektgruppe Vielfalt
- Der Landesvorstand setzt eine „Projektgruppe Vielfalt“ ein, die die
Maßnahmen der Landespartei weiterentwickelt.
- Die „Projektgruppe Vielfalt” hat das Recht, zu allen Anträgen an den
Landesparteitag, die die vielfaltspolitischen Grundsätze von BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt betreffen, in einem Redebeitrag Stellung zu
nehmen.
- Die „Projektgruppe Vielfalt” berät über Angelegenheiten der
Diversitätspolitik der Partei zwischen den Landesparteitagen und befasst
sich mit Angelegenheiten, die der Landesvorstand an sie delegiert.
§ 8 Vielfaltspolitische Sprecher*in
- Im Landesvorstand wird ein*e vielfaltspolitische Sprecher*in benannt.
- Die*der vielfaltspolitische Sprecher*in hat die Aufgabe die
Vielfaltspolitik im Landesverband in Zusammenarbeit mit der „Projektgruppe
Vielfalt“ zu überwachen. Sie*er ist gleichzeitig die Beauftragte des
Landesverbandes gegen Diskriminierung und Mobbing.
§ 9 Vielfaltsreferent*in
- In der Landesgeschäftsstelle wird ein*e Vielfalts-Referent*in benannt.
- Die*der Vielfalts-Referent*in entwickelt in Zusammenarbeit mit der*dem
Vielfaltspolitischen Sprecher*in und der „Projektgruppe Vielfalt”
Maßnahmen, die zur angestrebten gleichberechtigten Teilhabe und der
Repräsentanz von diskriminierten Gruppen und Menschen innerhalb von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und in der Gesellschaft beitragen.
- Die*der Vielfalts-Referent*in hat Zutritts-, Einsichts- und
Mitspracherecht in den Gremien des Landesverbands. Die*der Vielfalts-
Referent*in soll Kreis- und Ortsverbände beraten.
§ 10 Geltung
- Das Vielfalts-Statut ist Bestandteil der Satzung des Landesverbandes von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt. Es tritt am Tag seiner
Beschlussfassung in Kraft.
- Die Kreisverbände sind aufgefordert, Regelungen in ihre Satzungen
aufzunehmen und Maßnahmen zu ergreifen, die zur gesellschaftlichen
Vielfalt in ihren Gremien beitragen, soweit die Regelungen dieses Statuts
nicht direkt anwendbar sind.
Begründung
Im November 2020 hat die Bundesversammlung ein Statut für eine vielfältige Partei beschlossen. Dies Schritt war und ist ein Meilenstein für die Lebensrealität in unserer Partei und in unserer Gesellschaft. Erstmals gibt es ein Statut, das ganz konkret die Unterschiedlichkeit der Menschen in unserem Land aufgreift und die Vielfältigkeit als schützenswertes Ziel formuliert.
Seit mehr als 35 Jahren existiert unser Frauenstatut, das Gleichberechtigung sichert und den Feminismus lebt. Durch das Vielfaltsstatut des Bundes wird dieser Anspruch auch für die vielfältige Abbildung aller Menschen in unserer Partei und den Gremien gefordert.
Das Statut fordert die Landesverbände auf, zur Erfüllung der Ziele der Vielfältigkeit ebenso Regelungen einzuführen. Der Landesvorstand hat Anfang 2021 eine Projektgruppe „Vielfalt“ eingesetzt und diese mit der Erarbeitung eines Vielfaltsstatus für den Landesverband Sachsen-Anhalt beauftragt.
In der Projektgruppe war der Landesvorstand, eine Vertreterin der Grünen Jugend, ein Mitglied der Projektgruppe „Satzung und Struktur“, der Basisdelegierte zum Diversitätsrat, ein Mitglied AG „Vielfalt“ aus Halle sowie die Landesfachgruppen Frauen, QueerGrün und Soziales vertreten.
Das erarbeitete Statut wurde in Anlehnung an das Diversitätsstatut des Bundes entworfen und ist in dieser Form eines der ersten Statute auf der Ebene der Landesverbände. Zentrale Merkmale des Statuts sind die klare Forderung einer vielfältigen Besetzung von Präsidien sowie das Ziel eines barrierefreien zu allen Veranstaltungen und Sitzungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt. Dies umfasst sowohl den physischen Zugang, aber auch finanzielle und zeitliche Aspekte.
Weiterhin sind Maßnahmen der Stärkung von diskriminierten oder in der Partei unterrepräsentierten gesellschaftlichen Gruppierungen als klare Aufgabe des Landesvorstandes benannt. Gleichsam sollen Führungspersonen und Mitarbeiter*innen unserer Partei regelmäßig auch mit den Besonderheiten der Vielfältigkeit aus- und weitergebildet werden.
Zur strukturellen Stärkung werden in der Landesgeschäftsstelle ein*e Vielfaltsreferent*in benannt. Diese Stell soll dafür sorgen, dass vielfaltspolitische Maßnahmen umgesetzt werden sowie, dass die Kreis- und Ortsverbände bei dieser Arbeit und bei Weiterbildungen eine professionelle Unterstützung bekommen. Der Landesparteitag wählt weiterhin im Landesvorstand eine*n Vielfaltspolitische*n Sprecher*in. Die Aufgaben dieser Person ist die Weiterentwicklung der Vielfaltspolitik im Landesverband sowie die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen. Die*der Sprecher*in ist gleichzeitig der*die Beauftragte des Landesverbandes gegen Diskriminierung und Mobbing. Zuarbeit für den Landesvorstand liefert dabei die Projektgruppe „Vielfalt“, der u.a. ein Rederecht für alle Angelegenheiten der Vielfaltspolitik zusteht.
Abschließend wird eine klare Regelung zur Wahl der Landesvorstands- und Basisdelegation zum Diversitätsrat festgelegt.
Da dieses Statut Teil der Satzung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt werden soll, ist gemäß der Landesssatzung eine 2/3-Mehrheit zur Annahme des Statuts nötig.
Kommentare